Generelles Verbot von Kinderwagen, Rollatoren und Rollstühlen ist unzulässig
Gerichtlich geklärt und allgemein anerkannt ist inzwischen, dass der Vermieter nicht generell verbieten darf, Kinderwagen, Rollstühle und Rollatoren im Treppenhaus abzustellen (siehe BGH, Urteil vom 10. 11. 2006, Aktenzeichen V ZR 46/06). Eine entsprechende Regelung in der Hausordnung ist unwirksam. Das liegt unter anderem an den Grundrechten der Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz (Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung) und Artikel 6 Grundgesetz (Schutz der Familie).
Wenn ein Abstellraum oder ein Fahrstuhl vorhanden sind, kann der Vermieter das Abstellen von Kinderwagen verbieten.
Dass ein generelles Verbot unzulässig ist, bedeutet nun allerdings nicht, dass das Abstellen im Treppenhaus vom Vermieter bzw. anderen dadurch beeinträchtigten Mietern uneingeschränkt und ausnahmslos geduldet werden müsste.
Der Vermieter darf das Abstellen im Treppenhaus verbieten, wenn es einen gut zugänglichen Abstellraum gibt (vergleiche z.B. LG Bielefeld, Urteil vom 16.08.1992, Aktenzeichen 2 S 274/92) oder ein ausreichend großer Fahrstuhl vorhanden ist, der es ermöglicht, den Kinderwagen bzw. Rollator zur Wohnung zu bringen (vergleiche z.B. OLG Hamm, Beschluss vom 03. 07. 2001, Aktenzeichen 15 W 444/00). Auch hierbei kommt es aber natürlich auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Beispielsweise kann es für eine behinderte Person trotz Fahrstuhl zu beschwerlich sein, den Rollator oder Rollstuhl in die Wohnung zu bringen.
Tagesmutter darf Kinderwagen nicht ohne Weiteres abstellen
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die genannten Grundsätze nur für die Mieter selbst gelten. Das Landgericht Hamburg hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass es unzulässig ist, wenn eine als Tagesmutter tätige Mieterin Kinderwagen der betreuten Kinder im Treppenhaus abstellt. Dies gehört nicht mehr zum Mietgebrauch, sondern stellt eine gewerbliche Sondernutzung dar (siehe LG Hamburg, Urteil vom 06.08.1991, Aktenzeichen 316 S 110/91).
Abstellen von Fahrrädern, Blumenkübeln, Schuhregalen usw. darf verboten werden
Anders zu beurteilen ist das Abstellen von Fahrrädern, Blumenkübeln, Schuhregalen und Ähnlichem. Anders als bei Kinderwagen, Rollatoren oder Rollstühlen geht es hier nicht um den Schutz der Familie (Art. 6 GG) oder die Gleichbehandlung Behinderter (Art. 3 GG). Der Vermieter darf ein Abstellen dieser Gegenstände im Treppenhaus daher verbieten. Zu beachten ist allerdings der Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Vermieter darf daher zum Beispiel nicht dem einem Mieter das Aufstellen eines Schuhregals erlauben und es einem anderen verbieten.
Zustellen von "Fluchtwegen" ausnahmslos unzulässig
Generell und ausnahmslos verboten ist das Abstellen, wenn dadurch Fluchtwege versperrt werden. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn der Kinderwagen (Rollator, Rollstuhl) vor eine Brandschutztür gestellt oder sogar angeschlossen bzw. angekettet würde.
Dadurch, dass sich das Treppenhaus durch das Abstellen verengt, ist eine Versperrung von Fluchtwegen allerdings noch nicht automatisch gegeben. Die Bauordnungen der Bundesländer schreiben bestimmte Mindestbreiten der Wege nach draußen vor. In Hamburg beträgt diese beispielsweise einen Meter (siehe § 34 Absatz 2 Satz 1 Hamburgische Bauordnung). Erst wenn die rechtlich vorgeschriebene Mindestbreite unterschritten wird, muss der Vermieter das Abstellen generell verbieten (vergleiche z.B. AG Berlin-Schöneberg, Urteil vom 01.12.2011, Aktenzeichen 109 C 161/11).
Eingangstür, Treppen, Geländer, Handläufe und Briefkästen müssen zugänglich bleiben – Verkehrssicherungspflicht des Vermieters
Weiterhin lässt sich aus einer Reihe von Urteilen entnehmen, dass die Eingangstür, die Treppen und die Geländer bzw. Handläufe nicht zugestellt werden dürfen (siehe z.B. LG Berlin, Urteil vom 15.09.2009, Aktenzeichen 63 S 487/08; Zitat: "Bei der Inaugenscheinnahme hat das Amtsgericht festgestellt, dass sich beim Abstellen des Kinderwagens an diesem Platz sowohl der eine Flügel der Hauseingangstür nicht mehr vollständig öffnen lässt, als auch das Geländer der unteren Stufen nicht mehr zum Festhalten genutzt werden kann.")
Hinsichtlich der Treppen und Handläufe folgt dies schon daraus, dass dadurch andere Mieter, insbesondere ältere Personen, gefährdet würden. Wenn der Vermieter hier nicht einschreitet, muss er damit rechnen, dass ihm eine Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen wird, wenn etwas passiert (siehe hierzu Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013, § 535 BGB, Rn. 139, speziell zu Stolpergefahren auf Treppen Rn. 153, Zitat: "Der Vermieter einer Wohnung ist im Rahmen der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht auch für die Sicherheit der zu den Mieträumen führenden Treppe verantwortlich […]. Zur Verkehrssicherung im Treppenhaus gehört daher auch, dass Stolpergefahren vermieden werden.").
Auch die Briefkästen dürfen nicht zugestellt werden. Hier gibt es allerdings Gerichtsurteile, die es als zumutbar erachten, dass der Mieter über den Kinderwagen hinweggreifen bzw. den Kinderwagen beiseiteschieben muss (vergleiche z.B. AG Köln, Urteil vom 15.05.1995, Aktenzeichen 207 C 43/95).
Abwägung bei Beeinträchtigung anderer Mieter und "Rangfolge" unter den Gegenständen
Sofern das Abstellen andere Mieter beeinträchtigt (z.B. Beeinträchtigung der Zugänglichkeit, Zustellen von Briefkästen, Handläufen usw.), muss der Vermieter aktiv dagegen vorgehen und die Mieter, die unzulässig Gegenstände abstellen, abmahnen. Weiterhin gilt eine Rangfolge unter den oben genannten "bevorzugten" Gegenständen (Kinderwagen, Rollator, Rollstuhl) und den hier genannten sonstigen Gegenständen (Fahrrad, Blumenkübel, Schuhregal usw.). Wenn im Treppenhaus nur ein begrenzter Platz vorhanden ist, genießen die "bevorzugten Gegenstände" ein Vorrecht gegenüber den sonstigen Gegenständen (hierzu Flatow, Mitbenutzung von Gemeinschaftsflächen durch den Mieter - Treppenhäuser u.a. als Konfliktfläche, in: NZM 2007, 432, 435).
Was kann man als Mieter tun, wenn man durch das Abstellen von Gegenständen durch andere Mieter beeinträchtigt wird?
Nachdem die Rechtslage umrissen ist, soll abschließend auf konkrete Handlungsmöglichkeiten im Falle eines Streits eingegangen werden.
Während sich die meisten Veröffentlichungen und Ratgeber damit befassen, wie man als Mieter gegen ein unzulässiges Verbot seitens des Vermieters (z.B. generelles Verbot Kinderwägen abzustellen) vorgehen kann, soll hier der Frage nachgegangen werden, was man als Mieter unternehmen kann, der durch das Abstellen von Gegenständen seitens anderer Mieter unzumutbar beeinträchtigt wird, zum Beispiel weil die Treppen und Handläufe nicht mehr frei zugänglich sind.
Quelle: www.123recht.net